Wie Nachhaltig kann Konsum eigentlich sein? – Konsum von Lebensmitteln & Textilien

Wir zogen im Rahmen unseres Zwischenseminares durch die Altstadt von Lübeck mit dem Ziel, uns die Möglichkeiten und das Angebot für nachhaltige Lebensmittel und Textilien anzusehen. Wir  suchten dabei den Discounter „Lidl“, einen „Edeka Markt“ und einen „Weltladen“  auf und sahen uns nach nachhaltig und fair produzierten Produkten um. Zum anderen sahen wir uns bezüglich der Nachhaltigkeit von Textilien den an den „ Weltladen“ angebundene Klamottenladen, als auch ein „Jack Wolfskin“ Geschäft an. Dabei achteten wir auf die angegebenen Zertifizierungen, Label, Logos mit denen die Firmen uns ansprechen und überzeugen wollen.

       Apps als Hilfsmittel – nicht zur Nachhaltigkeit

Wir verwendeten während unserer Einkäufe in den Lebensmittelläden  die beiden Apps „ CodeCheck“ und „Siegelcheck“, mit ihnen kann man Produkte, beziehungsweise deren Siegel und Labels im Supermarkt scannen und mehr über deren Herkunft, Nachhaltigkeit, Qualität als auch die enthaltenen Inhaltsstoffe erfahren. Es wird auch vor gesundheitsschädlichen und bedenklichen Inhaltsstoffen gewarnt, wenn diese in zum Beispiel außergewöhnlich hoher Konzentration vorkommen.  Die App „CodeCheck“ lässt sich zu dem auch noch personalisieren, und warnt vor genau den Inhaltsstoffen, die dem individuellen Nutzer wichtig sind, dies kann zum Beispiel eine Info über enthaltenes Mikroplastik, ein Hinweise ob ein Produkt vegan ist, oder aber auch ein Hinweise auf verstecktes Palmöl sein.  Denn Palmöl wird unter mehr als 20 verschiedenen Namen in den Inhaltsstoffen angegeben, wodurch dem Kunden kaum möglich ist zu beurteilen ob in diesem Produkt Palmöl steckt. Siehe: https://utopia.de/ratgeber/palmoel-vermeiden/

Die App „Siegelcheck“ scannt Siegel und Logos auf Produkten und klärt den Kunden über die Qualität und bewertet den Umweltvorteil und Nutzen den das Siegel mit sich bringt. Denn auch hier gibt es viele Siegel die dem Kunden mehr Nutzen und Nachhaltigkeit vermitteln und glauben lassen wollen, als sie in Wirklichkeit überhaupt leisten. Das sogenannte “Greenwashing“ ist auch in der Lebensmittel-Industrie weit verbreitet,  so gibt es unzählige Siegel ohne hohe Standards und Richtlinien, die Produkte für uns „grüner“ aussehen lassen sollen, als sie es eigentlich sind.  Den großen Firmen geht es dabei in erster Linie um Profit und die Profitsicherung, welche eine strikte nachhaltige Produktion nicht mit sich bringen würde. Eins der besten Beispiele dafür ist der „RSPO“ (der Runde Tisch für Nachhaltiges Palmöl), welcher über Jahre großspurig „Greenwashing“ und Verbrauchertäuschung betrieb.  Eine Analyse der Umweltorganisation „Robin Wood“  zeigte, dass der „RSPO“ Statistiken über die verheerenden Regenwaldbrände in Indonesien im vergangenen Jahr verzerrt darstellt und auf diese Weise offenbar versuchte, die Palmölindustrie vom Vorwurf der Anbaufläche durch Brandrodung „reinzuwaschen“.

Siehe: –https://www.robinwood.de/pressemitteilungen/greenwashing-rspo-verschleiert-klaren-zusammenhang-von-tropenwaldbr%C3%A4nden-und   

https://www.regenwald.org/news/3454/palmoel-label-rspo-die-nachhaltigkeits-luege-ein-film-ueber-das-schmutzige-geschaeft-im-regenwald

Tatsächlich haben beide Apps haben uns bei den Einkäufen in den verschiedenen Läden enorm geholfen. Mit ihnen konnten wir schnell und einfach zu überblicken, wie fair, nachhaltig und gesundheitsschädlich einzelne Produkte eigentlich sind. Eine Schokocreme, in welcher wir zunächst kein Palmöl vermuteten, enthielt unter anderem Namen gelistet jedoch welches, wie uns „CodeCheck“ anzeigte. Die größte und vielseitigste Auswahl an nachhaltig und natürlich produzierten Produkte fanden wir dabei im Weltladen, sowie im Unverpackt Laden in Lübeck. Einzig die Auswahl an veganen Produkten kamen im Weltladen noch zu einen Tick kurz. 

 

  Doch auch bei den großen Ketten „Edeka“ und „Lidl“ fanden wir eine gute Auswahl an Produkten mit empfehlenswerten Logos und Siegeln wie zum Beispiel „Fairtrade“, „Bioland“ (neu bei Lidl), „Hand-in-Hand“, sowie sehr viele Produkte mit deutschem und europäischem Biosiegel.

 

  

 

 

 

 

 

 

 

     Bewusster Lebensmitteleinkauf

Neben der großen Auswahl an verarbeiteten Lebensmitteln, deren komplette Herkunft und Zusammensetzung natürlich nicht immer direkt ermittelt werden kann, ist es auch gut bei Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten auf möglichst nachhaltigen Konsum zu achten. 

Denn auch hier kommt es schon längst nicht ansatzweise alles aus der Region, wie glückliche Tiere auf grünen Wiesen vermitteln sollen. Unser Konsumverhalten und die damit verbundene Massentierhaltung ist weltweit für die größte CO2 Emissionen verantwortlich.

Der Konsum regional erzeugter Produkte wirkt sich zwar schon besser auf das Klima aus, doch wesentlich einschneidender ist die Entscheidung zwischen einer tierischen und pflanzlichen Ernährung. Der Ausstoß der Treibhausgase Methan und Lachgas kann durch eine vegane Ernährung um mehr als 80 Prozent reduziert werden. Außerdem ist die Haltung von Tieren äußerst ineffizient. Weltweit werden 83 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche für den Futtermittelanbau und Weideland der Tierhaltung genutzt. Jedes Produkt trägt dazu sogenanntes „virtuelles Wasser“ in sich. Dies beinhaltet die Gesamtmenge des Wassers, dass während des Herstellungsprozesses benötigt wurde. Die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch kostet bis zu 15.500 Liter Wasser. Diese hohe Menge, mit der man theoretisch ein Jahr lang täglich duschen könnte, setzt sich aus der Bewässerung der Futtermittel sowie dem Bedarf der Tiere an Trinkwasser zusammen. Insgesamt werden in der Tierindustrie fast 30% des weltweit genutzten Wassers verwendet.  Hinzu kommen  natürlich auch die unzähligen Plastikverpackungen, welche sich bei tierischen Produkten kaum einsparen lassen. Siehe: https://www.peta.de/umwelt

Neben der Nutzung und Kontrolle der Produkte durch die beiden Apps, achteten wir auch bei anderen allen Produkten auf  die genutzten Verpackungen, mit dem Fokus auf Plastik. So gab es bei den meisten Obst und Gemüse Sorten, jeweils eine größten Teils unverpackte Version, sowie eine oder mehrere eingepackte oder eingeschweißte Version des jeweiligem Produktes. Sogar eine Bio-Gurke fanden wir bei Edeka in Plastik eingeschweißt, jedoch aus dem Grund da sie nicht mit anderen, Pestizid belasteten Lebensmitteln in Berührung kommen soll. Dies ist dennoch ein Beispiel dafür, dass Bio nicht gleich Nachhaltigkeit garantiert. Denn wer jetzt also im Winter eine Bio Orange aus Spanien kauft, handelt hierbei keinerlei Nachhaltig. Ebenso werden viele als „gesund-geltende“ Lebensmittel nicht ohne Plastikverpackung verkauft. Es gibt zum Beispiel viele Smoothies und Säfte in Einweg-Plastikflaschen. Hier würde es sich zum Beispiel lohnen zu einem Produkt in einer Glasflasche zu greifen.

                                                              

Siehe: https://nachhaltig-sein.info/lebensweise/plastik-kunststoff-folgen-mensch-tiere-umwelt-gesundheit

    

        Auch Mode geht nachhaltig

Als nächstes schauten wir wie nachhaltig es mittlerweile in der Textilindustrie zu geht, sowohl in Lübeck als auch Global gesehen. Wir besuchten zuerst den an Weltladen angeschlossenen Klamottenladen. Dieser bot „Fair Trade“ und „Bio“ Produkte, von Hosen über T-Shirts bis hin zu Jacken gab es alles, und das zu guten und fairen Preisen, welche eine faire Produktion ermöglichen. Das Motto sollte nicht sein „2€? Das schmeckt!“. Hier gab es faire Preise, bei denen wir uns wahrscheinlich weniger Kleidung kaufen würde, als wir es momentan auf Grund von billig Ware tun. Denn über 60 Kleidungsstücke kauft sich der durchschnittliche Konsument im Jahr.                                                                             

Siehe: https://blog.greenpeace.de/artikel/fast-fashion-wir-brauchen-eine-slow-fashion-revolution

Als zweites besuchten wir ein „Jack Wolfskin“ Geschäft und fanden auf den ersten Blick viele Schilder mit der üblichen Aufschrift „Made in Vietnam/Bangladesch/China“.  Wir sprachen eine Verkäuferin darauf an, fragten Sie außerdem nach Informationen über Produktion und Herkunft der Klamotten. Sie erzählte uns, dass es eine sehr genau Auswahl der Bezugsländer gäbe und „Jack Wolfskin“ mittlerweile einige Produkt mit dem Siegel „Fair Wear“ verkauft.

Die „Fair Wear Foundation“ setzt sich verlässlich für faire Arbeitsbedingungen bei der Textilproduktion unter anderem in Asien und Afrika ein.  Zudem sei es bei allen Produkten möglich, so die Verkäuferin, anhand einer Nummer auf dem Etikett, die Produktionsstätte und die Herkunft des Kleidungsstückes herauszufinden. 

„Jack Wolfskin“ zeigte somit einige gute Ansätze in die richtige Richtung. Jedoch ist es wie bei den meisten großen Unternehmen, nur ein kleiner Teil der den Umsatz im Unternehmen ausmacht. Ein kleiner Teil, welcher gerne als grüner Deckmantel verwendet  wird. Es fiel auf wie gewählt die Worte der Verkäuferin waren, da jedes größere Textil-Unternehmen genau vorgibt was über Produktion und Nachhaltigkeit dem Kunden gegenüber preisgegeben und ausgesprochen wird.

Die heutige Mode-Industrie wird von einzelnen Big Playern geprägt, die allesamt auf sowohl auf das „Fast Fashion“-Prinzip als auch auf „Greenwashing“-Kampagnen setzen. Der Umsatz von Textilien weltweit hat sich in der Zeit von 2000-2018 mehr als verdoppelt! Heutzutage gibt es immer mehr, immer billigere Mode, welche immer kürzer vom Käufer getragen beziehungsweise genutzt wird. Produziert wird diese Massenware in überfüllten Fabriken, von Nähern/ -innen am Rande der Erschöpfung, unter ihnen auch viele Minderjährige. Immer wieder kommt es zu kleinen oder auch größeren Unfällen, welche nicht selten Todesfälle der dortigen Arbeiter mit sich ziehen. Das bekannteste Beispiel hierfür, ist wohl der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch. Doch nicht mal diese Tragödie sorgte für eine positive Veränderung in den großen Produktionsländern.                                                                                                                                                Siehe:  https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-04/bangladesch-rana-plaza-arbeitsbedingungen-gewerkschaften-sicherheit-fuenf-jahre

Das alles hat natürlich verheerende Folgen für Natur und Umwelt: Pestizide belasten massiv Rohstoffe wie Baumwolle, der Einsatz von Chemikalien, die toxische Veredlung von Kleidung, die Verwendung von nicht erneuerbarem Erdöl zur Polyester-Produktion, die Energie aus Kohlekraftwerken, welche benötigt werden für Fabriken und nicht zuletzt auch hierbei die benötigte Menge an Wasser. Ein einfaches weißes T-Shirt, welches in vielen dieser Ketten nur wenige Euro kostet, benötigt in der Produktion ganze 2.700 Liter Wasser! Im 21. Jahrhundert gibt es immer noch in zu vielen Ländern massive Wasserknappheit und hier bei uns gibt es jede Woche abertausende, billige Textilien, die ein Vielfaches dieser Ressource beinhalten und verschwenden. Kleidungsstücke die uns so günstig angeboten werden, lassen sich nur auf Kosten von Natur und Mensch produzieren. 

          Weniger Konsum für mehr Nachhaltigkeit

Abschließend ist zu sagen, dass im Bereich der Textilindustrie, als auch der Lebensmittelindustrie ein nachhaltiges Handeln immer an den Kauf der jeweiligen Produkte gekoppelt wird. Dabei ist es der geringere und gedrosselter Konsum, welcher so wichtig ist! Doch natürlich steht auch hierbei für die Firmen und Unternehmen die Profitsicherung im Fokus. Dabei sollte jeder, der nachhaltiger handeln möchte, zu nächst überlegen „Brauche ich Produkt XY wirklich?“ und sich dann, im Falle eines Kaufentschlusses, nach der in diesem Rahmen nachhaltigsten Möglichkeit umschauen. Es gibt dabei natürlich die Möglichkeit bei Textilien auf „Second Hand“ – Ware zurückzugreifen oder aber Läden und Firmen zu suchen, welche eine vertretbare nachhaltige Handlungs- und Produktionsweise garantieren können. Hierbei ist es wichtig sich nicht von jedem Versprechen, geschickten Formulierungen und verschönernden Werbe-Slogan täuschen zu lassen.  

Doch auch wenn es in der Textil- als auch in der Lebensmittel-Industrie immer mehr nachteilige Produkte, Projekte und Möglichkeiten für uns Konsumenten gibt, ist wie bereits gesagt der Schlüssel zum Erfolg nicht, weiterhin dasselbe Maß und dieselben Mengen zu kaufen wie wir es momentan tun. Es ist unausweichlich, dass wir unseren Lebensstandard senken und anpassen. Die Frage ist, wie lange wir uns diese Lebensweise noch leisten wollen, mit dem Wissen, dass wir sie uns auf Dauer nicht leisten können! 

Sehr gutzeigt uns das der „Earth Overshoot Days“ (Welterschöpfungstag), dem Tag an dem wir aus ökologischer Sicht über unsere Verhältnisse leben. Denn ab dem Zeitpunkt werden mehr Ressourcen verbraucht, als produziert werden. Mit dem 2.Mai liegt der „Erdüberbelastungstag“ bei uns letztes Jahr so früh wie nie zuvor. Wir bräuchten aktuell 3 „Erden“ , wenn jeder Mensch auf dem Konsumniveau wie wir in Deutschland leben würde.  Seit den 80er Jahren haben wir jedes einzelne Jahr über unseren Verhältnissen gelebt, was sich in den nächsten ja auch nicht mehr ändern lassen wird. Denn eine Konsumgesellschaft kann nie wirklich Nachhaltig werden. Unsere Gesellschaft selbst ist es, die sich nachhaltig wandeln und verändern muss. 

Siehe: https://twitter.com/JazzTwemlow/status/1024569986856017926?s=09

Film & Buchtipp zum Einstieg in das Thema: 

„Die Grüne Lüge“ https://www.youtube.com/watch?v=cP_nmUZQKLI

„The True Cost“ https://www.youtube.com/watch?v=OaGp5_Sfbss 

„Cowspiracy“ https://www.youtube.com/watch?v=nV04zyfLyN4

„A Plastic Ocean“ https://youtu.be6zrn4-FfbXw

 

 

     PS: Ein nachhaltiger kulinarischer Tipp

Während des Tags in Lübeck fanden wir über die App „Happy Cow“ zum Essen einen wirklich leckeren, mit 100% Öko-Strom betriebene Burgerladen Namens  „Leo’s Juice & Burger“, ein Restaurant mit guter vegane Auswahl und plastikfreier Ausstattung, bestehend aus zum Beispiel Glas-Strohhalmen und wiederverwendbaren Bestell-Zetteln.